Im letzten Beitrag hatte ich ein Bild meines Vorfahren Georg Christian Lorenz Meyer (1787-1866) gezeigt, der Anfang/Mitte des 19. Jahrhunderts bereits in dritter Generation Weinhändler in Hamburg war. Sein Onkel, der Hamburger Domherr Friedrich Johann Lorenz Meyer (1760-1844), Reiseschriftsteller und republikanischer Public Intellectual, ist seit einiger Zeit mein Avatar (siehe oben rechts). Auf die Berichte des Domherrn aus dem vor- und nachrevolutionären Frankreich hatte ich bereits in einem früheren Beitrag Bezug genommen. Diese Berichte gehören zu den Quellen, aus denen sich damals viele Menschen in Deutschland, unter anderem auch der Philosoph Immanuel Kant, über die Entwicklungen in Frankreich informierten.

Ein weiterer Onkel von Georg Christian war Daniel Christoph Meyer (1751 -1818), Bruder des Domherrn. Daniel Christoph hatte es schon in den 1770er Jahren von Hamburg nach Bordeaux verschlagen, wo er ursprünglich für den familiären Weinhandel als Einkäufer gearbeitet hat, sich später aber als Vertreter auch anderer Hamburger Handelsfirmen niederließ und ab 1797 auch als Hamburgischer Generalkonsul tätig war.

mit seiner Ehefrau Henriette, geb. Andrieu de St. André,
gemalt in den Jahren 1811 und 1812 von ihrer Tochter Mathilde
Ein Zeitgenosse, der Otterndorfer und Verdener Schulrektor Johann Christian Meier, zeichnet in seinen Erinnerungen ein nicht besonders sympathisches Bild von Daniel Christoph Meyer, den er allerdings zugegebenermaßen nur einmal und in jüngeren Jahren getroffen habe:
“Er maitrisierte und hamburgisierte vollkommen. Ohne stolz und für sich eingenommen zu erscheinen, beantwortete er meine paar Fragen in solchen kurzen Bruchstücken, dass ich wohl sahe, dass meine Wenigkeit nicht nach seinem Geschmack war. […] Er übertrifft seinen Bruder [Georg Christians Vater Valentin Lorenz Meyer, Chef der Weinhandlung] noch in Ausbildung und in einer Art eines nicht gut zu beschreibenden Airs und ist dabei, wie sein Bruder, so gross, dass er weit über preußische Maßen hält […] Solche Herren, denen ihr größtes Verdienst doch ihr Reichtum und ihre Kaufmannschaft ist, steigen in eine Höhe in ihrem Betragen, dass man immer blinzeln muss, um sie nicht zu verlieren.”
Dieser Konsul Meyer ist vor allem als Fußnote in der Literaturgeschichte aktenkundig geworden, denn seine Frau und er beschäftigten für wenige Monate den Dichter Friedrich Hölderlin als Hauslehrer für ihre Kinder, bevor dieser zu Fuß den Rückweg von Bordeaux ins heimatliche Württemberg antrat, wo er im Sommer 1802 in einem Zustand hochgradiger geistiger Verwirrung eintraf.
Nun habe ich durch Zufall auf den letzten Seiten von Simon Schamas großer (und großartiger) Chronik der französischen Revolution Citizens gelesen, dass ein gewisser Konsul Meyer 1794 bei der Fluchthilfe für aufgeklärte Aristokraten in der Zeit des revolutionären Terrors eine (wenn auch bescheidene) Rolle gespielt. Das hat mich natürlich neugierig gemacht.